Immobilienrecht

Aktuelle OGH-Entscheidung zu Betriebskosten und Wertsicherung

Wann Sie Betriebskosten zur Gänze zurückfordern können

In einer aktuellen Entscheidung des OGH ging es um die Auslegung und Wirksamkeit von Betriebskosten- und Wertsicherungsklauseln in einem Mietvertrag, der im Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) lag.

Zu den beanstandeten Betriebskosten

Im Mietvertrag war festgelegt, dass der Mieter neben dem Hauptmietzins anteilig sämtliche Bewirtschaftungskosten für das Gebäude zu tragen hat. Als Bewirtschaftungskosten wurden unter anderem die in § 21 MRG aufgezählten Betriebskostenarten, die in § 22 MRG festgelegten Verwaltungskosten sowie die in § 23 MRG definierten Hausbetreuungskosten und öffentlichen Abgaben genannt.

Auffällig war jedoch die Verwendung des Begriffs „insbesondere“, was auf eine nicht abschließende Aufzählung hindeutete. Der Mieter argumentierte, dass dadurch unklar sei, welche Kosten genau auf ihn zukommen könnten, und berief sich auf das Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG sowie auf eine gröbliche Benachteiligung nach § 879 ABGB.

Der OGH stellte klar, dass es sich bei der Klausel um Formvertragsblätter handelt, da sie vorformuliert und nicht individuell ausgehandelt war.

Gemäß § 6 Abs 3 KSchG müssen AGB klar und verständlich formuliert sein, sodass der Verbraucher seine Rechtsposition eindeutig erkennen kann. Im vorliegenden Fall war das jedoch nicht gegeben, da:

  • die Aufzählung der Kosten nur beispielhaft erfolgte,
  • durch das Wort „insbesondere“ offenblieb, ob weitere Kosten umgelegt werden könnten,
  • der Mieter daher nicht klar erkennen konnte, was unter „Bewirtschaftungskosten“ zu verstehen ist.

 

Der OGH erklärte die Klausel daher wegen Intransparenz als unwirksam. Besonders relevant ist hierbei, dass keine geltungserhaltende Reduktion stattfand. Das bedeutet, dass nicht nur die unklaren Teile, sondern die gesamte Klausel entfiel.

Auswirkungen auf die Praxis

Diese Entscheidung zeigt, dass bei der Formulierung von Betriebskostenklauseln im Mietvertrag:

  • genau und abschließend aufgezählt werden muss, welche Kosten auf den Mieter umgelegt werden sollen,
  • vage Formulierungen wie „insbesondere“ oder „jedenfalls“ zur Intransparenz und damit zur Unwirksamkeit führen,
  • klare Regelungen insbesondere im Teilanwendungsbereich des MRG nötig sind, da nach § 1099 ABGB grundsätzlich der Vermieter die Kosten zu tragen hat.

 

Wäre der Mieter Unternehmer gewesen, hätte das Transparenzgebot keine Anwendung gefunden und die Betriebskostenklausel wäre möglicherweise wirksam gewesen.

 

Zur beanstandeten Wertsicherungsklausel

Eine weitere Klausel, die der OGH prüfte, betraf die Wertsicherung der Hauptmiete. Diese sollte entweder erstmals nach einem Jahr oder immer dann erfolgen, wenn sich der VPI um mindestens 5 % gegenüber der letzten Hauptmietanpassung geändert hat.

Der Mieter argumentierte, dass die Klausel intransparent und missbräuchlich sei, da nicht klar genug geregelt sei, wann und wie die Miete angepasst wird. Der OGH sah das jedoch anders:

  • Die Klausel regelte zwei alternative Fälle eindeutig:
    • Erstmals nach einem Jahr: Unabhängig von der Indexentwicklung kann die Miete einmalig angepasst werden.
    • Nach jeder Indexänderung um mindestens 5 %: Danach kann die Miete wieder angepasst werden, wenn sich der VPI um mindestens 5 % gegenüber der letzten Anpassung geändert hat.
  • Das Wort „oder“ zeigt klar, dass es sich um zwei getrennte Möglichkeiten handelt, die alternativ angewendet werden.

 

Da kein Widerspruch und keine Unklarheit vorlagen, erklärte der OGH die Klausel für transparent und wirksam.

 

Zum beanstandeten Basisindex

Die Wertsicherungsklausel bezog sich auf die Indexzahl des Monats des Vertragsabschlusses, was dazu führte, dass Preisänderungen vor Mietbeginn berücksichtigt werden konnten. Der OGH sah darin jedoch keine Unwirksamkeit, da:

  • der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblich ist, weil zu diesem Zeitpunkt die gegenseitigen Leistungen bewertet und vereinbart werden,
  • die Klausel nur Veränderungen nach Vertragsabschluss berücksichtigt und keine Preissteigerungen aus der Zeit davor.

 

Damit hielt der OGH die Klausel für transparent und sachlich gerechtfertigt.

 

Fazit

Diese Entscheidung verdeutlicht:

  1. Betriebskostenklauseln müssen klar und abschließend geregelt sein, um Intransparenz und Unwirksamkeit zu vermeiden.
  2. Allgemeine Formulierungen wie „insbesondere“ oder „jedenfalls“ sollten vermieden werden.
  3. Wertsicherungsklauseln auf Basis des VPI sind zulässig, wenn sie eindeutig regeln, wann und wie die Anpassung erfolgt.
  4. Die Auswahl des Basisindex kann auf den Monat des Vertragsabschlusses erfolgen, selbst wenn der Mietbeginn später liegt.

 

Für Vermieter bedeutet das:

  • Mietverträge sollten präzise und transparent formuliert werden, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
  • Es sollte ausdrücklich auf die abschließende Natur der Aufzählung von Betriebskosten hingewiesen werden.
  • Die Ernsthaftigkeit der Bereitschaft zu Änderungen sollte dokumentiert werden, um der Anwendung von § 6 Abs. 3 KSchG entgegenzuwirken.

 

Für Mieter gilt:

  • Betriebskostenklauseln und Wertsicherungsklauseln sollten genau geprüft werden, insbesondere auf Transparenz und Verständlichkeit.
  • Es kann vorteilhaft sein, auf unklare Klauseln zu bestehen und Änderungsvorschläge einzubringen.

 

Für weitere Informationen und individuelle Beratung stehen Anela Blöch und ihr Team jederzeit unter office@atb.law bzw. telefonisch unter 01 39 12345 zur Verfügung.