Cybercrime

CyberCrime Report 2024

Ransomware, RIP-Deal und Kryptowährungen – eine kritische Einordnung

Der aktuelle Cybercrime-Report 2024 meldet einen leichten Rückgang bei den angezeigten Delikten. Gleichzeitig zeigt die Praxis von ATB.LAW: Ransomware, RIP-Deals (bzw. Krypto-RIP-Deals) und Straftaten rund um Kryptowährungen nehmen an Professionalität, Schadensumfang und internationaler Verflechtung weiter zu.

Als auf CyberCrime, Kryptowährungen und Kryptotracing spezialisierte Kanzlei betreuen wir regelmäßig Betroffene von Ransomware-Angriffen, Krypto-Betrug und komplexen RIP-Deal-Konstellationen. Die offizielle Statistik zeichnet ein vergleichsweise beruhigendes Bild – die Realität der Betroffenen tut das nicht.

Strafverfolgung Cybercrime Rechtsanwalt Wien

1. CyberCrime-Statistik: Warum der „Rückgang“ trügerisch ist

Der Bericht spricht von einem Rückgang der Internetkriminalität und einer Aufklärungsquote von rund 31 %. Auf den ersten Blick klingt das nach einem Erfolg. Betrachtet man jedoch die Struktur typischer CyberCrime-Fälle – internationale Tätergruppen, verschachtelte Zahlungsflüsse in Kryptowährungen, Offshore-Plattformen, Tor- und Darknet-Infrastruktur – erscheint eine derart hohe Quote zumindest erklärungsbedürftig.

Eine naheliegende Erklärung ist, dass „aufgeklärt“ statistisch nicht bedeutet, dass Täter tatsächlich identifiziert, angeklagt und verurteilt oder Vermögenswerte zurückgeführt wurden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch solche Verfahren als „geklärt“ laufen, die zum Beispiel

  • wegen vermeintlich fehlender inländischer Gerichtsbarkeit eingestellt werden,

  • gegen „unbekannte Täter“ geführt und aus Mangel an Ressourcen abgebrochen werden,

  • oder nach einer ersten Ermittlungstätigkeit schlicht abgelegt werden, ohne dass es zu einem weiteren proaktiven Vorgehen kommt.

Aus Sicht der Betroffenen ist eine solche „Aufklärung“ wenig tröstlich. Die Statistik suggeriert Effizienz, während in der Praxis häufig weder Täter noch Vermögenswerte greifbar werden. Die ausgewiesene Aufklärungsquote darf daher nicht mit tatsächlicher Effektivität im Sinne von Verantwortlichmachung der Täter, Vermögensabschöpfung oder Schadensgutmachung verwechselt werden.

Gerade bei Ransomware, Krypto-Betrug und RIP-Deals erleben wir bei ATB.LAW regelmäßig, dass die entscheidende Aufklärung – etwa durch Kryptotracing, internationale Rechtshilfe oder zivilrechtliche Schritte – außerhalb der klassischen Strafverfolgungslogik stattfinden muss.

2. Ransomware: Erpressungsökonomie auf Basis von Kryptowährungen

Ransomware bleibt eine der zentralen Bedrohungen im Bereich CyberCrime. Systeme werden verschlüsselt, Daten exfiltriert, die Geschäftsabläufe zum Stillstand gebracht. Lösegeld wird fast ausschließlich in Kryptowährungen gefordert – meist in Bitcoin oder Monero.

Typisch sind heute sogenannte „Double-Extortion“-Szenarien:

  1. Verschlüsselung der Systeme und Betriebsunterbrechung.

  2. Drohung mit Veröffentlichung sensibler Daten auf Leak-Seiten der Angreifer, falls kein Lösegeld gezahlt wird.

In unserem Überblicksartikel „Was ist Ransomware? Erklärung, Arten und Schutzmaßnahmen“ erläutern wir die technischen und rechtlichen Grundlagen im Detail.

ATB.LAW begleitet seit Jahren Unternehmen bei Ransomware-Vorfällen – von der ersten Incident-Response über die Verhandlungsführung mit den Tätern bis hin zur rechtssicheren Dokumentation gegenüber Behörden, Aufsichtsorganen, Versicherern und Geschäftspartnern. Falls notwendig wickeln wir auch Lösegeldzahlungen ab.  

Besonders relevant sind:

Für Betroffene bedeutet das: Ransomware ist kein reines IT-Thema. Es geht um Strafrecht, Geldwäsche, Compliance, Datenschutz und Organhaftung – und damit um strategische Entscheidungen, die juristisch fundiert begleitet werden müssen.

3. RIP-Deal und Krypto-RIP-DEAL: alte Betrugsmasche, neue technische Dimension

Klassische Rip-Deals sind seit Jahren bekannt: vermeintliche Investoren oder Käufer treten seriös auf, es geht um hochpreisige Immobilien oder Luxusgeschäfte, und im entscheidenden Moment wird echtes Geld gegen Falschgeld getauscht.

Mit Kryptowährungen ist die Masche in eine neue Phase eingetreten – man könnte von „RIPDeal 2.0“ sprechen:

  • Statt Bargeld stehen heute oft hohe Kryptobeträge im Fokus, etwa in Bitcoin oder Ethereum.

  • Opfer werden in komplexe Finanzierungs- oder Investmentkonstruktionen eingebunden.

  • Es werden Non-Custodial-Wallets, DeFi-Projekte oder angebliche „Sicherheits-Deposits“ vorgeschoben.

  • Technische Schwachstellen in Wallet-Apps oder der Umgang mit Seed-Phrasen und Signaturrechten werden gezielt ausgenutzt.

ATB.LAW hat einen solchen Fall in einem eigenen Praxisbeitrag aufgearbeitet: „Krypto-RIP-DEAL: Einblicke in Betrugsmaschen und erfolgreiche Schadenswiedergutmachung“.

Dort zeigen wir, wie durch enge Zusammenarbeit zwischen Kryptoforensik, Strafverfolgungsbehörden und zivilrechtlichen Schritten ein Schaden im hohen sechsstelligen Bereich teilweise kompensiert werden konnte. Der Fall bestätigt jedoch auch:

  • Ohne sofortige Sicherungsmaßnahmen sind Kryptowerte in Sekundenschnelle unwiederbringlich verteilt.

  • Internationale Rechtshilfe ist aufwendig, langsam und oft nur in einem kleinen Teil der Konstellationen überhaupt erfolgversprechend.

  • Die offizielle Cybercrime-Statistik erfasst solche komplexen Fallverläufe nur unzureichend.

4. Kryptowährungen: Angriffsziel, Tatmittel und Compliance-Risiko

Kryptowährungen sind heute zentraler Bestandteil moderner CyberCrime-Szenarien. Sie treten in drei Rollen auf:

  1. Angriffsziel

    Anleger werden durch gefälschte Trading-Plattformen, betrügerische DeFi-Projekte oder vermeintliche „Experten“ in hochriskante oder schlicht fingierte Anlagen gelockt. Einen konkreten Fall schildern wir im Beitrag „Krypto-Betrug: Ein Fall aus Tirol und die rechtlichen Konsequenzen“.

  2. Tatmittel / Zahlungsweg

    • Ransomware-Forderungen,

    • Betrugsmodelle wie Pig-Butchering,

    • sowie Krypto-RIP-Deals laufen praktisch ausschließlich über Kryptowährungen.
      Die vermeintliche Anonymität wird von Tätergruppen gezielt ausgenutzt, während Geschädigte mit Kontosperren, eingefrorenen Börsen-Accounts und Mittelherkunftsnachweisen konfrontiert werden.

  3. Compliance- und Reputationsrisiko
    Banken, Zahlungsdienstleister und Kryptoplattformen reagieren auf den Anstieg von Krypto-CyberCrime mit strengen Prüfungen:

    • Mittelherkunftsnachweise,

    • AML- und KYC-Anforderungen,

    • bis hin zur Kündigung von Geschäftsverbindungen.

ATB.LAW ist doppelt tätig: Einerseits unterstützen wir Opfer von Kryptobetrug. Ein besonders positives Beispiel ist unser dokumentierte Fall „Kryptobetrugsopfer bekommt 8,69 Bitcoin zurück“. Dort konnte durch gezieltes Kryptotracing und konsequentes rechtliches Vorgehen ein erheblicher Teil der Vermögenswerte rückgeführt werden. Andererseits begleiten wir Mandant:innen bei der Erstellung lückenloser Mittelherkunftsnachweise und beim Kryptotracing – etwa wie in unseren Beiträgen „Mittelherkunft bei Kryptowährungen: Notwendigkeit und Herausforderungen“ und „Kryptotracing aus anwaltlicher Sicht: Methoden und Praxis der digitalen Vermögensverfolgung“.

 

5. Strafrechtliche Entwicklungen: Chancen – aber kein Allheilmittel

Strafprozessuale Reformen wie das Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2024 sind wichtige Schritte in die richtige Richtung. Sie schaffen u.a. klarere Regeln für die Sicherstellung von Kryptowährungen und die frühzeitige Rückgabe beschlagnahmter Werte an Opfer. Einen ausführlichen Überblick geben wir im Beitrag „Strafprozessreform 2024: Stärkung der Opferrechte bei Online-Betrug mit Kryptowährungen“. atb.law

Diese Reformen verbessern die Position der Geschädigten. Sie ändern aber nichts an der Grundproblematik:

  • Täter agieren global,

  • Gelder werden blitzschnell über mehrere Plattformen und Chains bewegt,

  • und CyberCrime ist für organisierte Gruppen ein hochprofessionelles Geschäftsmodell.

Die Diskrepanz zwischen offizieller Aufklärungsstatistik und der tatsächlichen Chance, Geld zurückzubekommen, bleibt dadurch bestehen.

6. Fazit: CyberCrime als strukturelles Risiko – nicht als Ausnahmefall

Ransomware, RIP-Deals und Straftaten rund um Kryptowährungen sind kein Randthema mehr, sondern zentraler Bestandteil der heutigen CyberCrime-Landschaft.

  • Die offizielle Statistik mit einer Aufklärungsquote von rund 31 % ist aus Sicht der Praxis hochgradig erklärungsbedürftig und vermittelt ein trügerisches Gefühl von Sicherheit.

  • In der Realität stehen Betroffene oft international agierenden Tätergruppen gegenüber, deren Geschäftsmodell auf Kryptotechnologie, professioneller Geldwäsche und rechtlichen Grauzonen beruht.

  • Klassische Strafverfolgungslogik stößt hier regelmäßig an Grenzen; erfolgreiche Fälle der Vermögensrückholung sind eher die Ausnahme als die Regel.

Für Unternehmen, vermögende Privatpersonen und Krypto-Investoren bedeutet das: CyberCrime ist ein strukturelles Risiko, das aktiv gemanagt werden muss – technisch, organisatorisch und rechtlich. ATB.LAW begleitet Sie dabei mit spezialisierter Expertise an der Schnittstelle von CyberCrime, Kryptowährungen, Geldwäsche und Compliance.

Für weitere Informationen steht Ihnen das Team um Roman Taudes gerne unter office@atb.law bzw. telefonisch unter 01 39 12345 zur Verfügung.