Immobilienrecht

Rückforderung bezahlter Maklerprovision bei nicht gehöriger Aufklärung über familiäres oder wirtschafliches Naheverhältnis

OGH Entscheidung 3 Ob 201/24s, 27.11.2024

Dem Immobilienmakler trifft eine Aufklärungspflicht über sein bestehendes familiäres oder wirtschafliches Naheverhältnis zum vermittelten Dritten. Ist der Auftraggeber Verbraucher, hat die Aufklärung schriftlich vor Abschluss des Maklervertrages zu erfolgen. Bei fehlender Aufklärung entfällt der Anspruch auf Maklerprovision bzw. kann diese zurückgefordert werden.

Immobilienmakler Marklerprovision Rückforderung

Das Thema der Transparenz und Interessenkonflikte im Immobilienmaklerwesen ist ein zentrales Anliegen des Konsumentenschutzes. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in der Entscheidung 3Ob201/24s klargestellt, wann ein „familiäres Naheverhältnis“ zwischen einem Immobilienmakler und dem vermittelten Dritten vorliegt und welche Auswirkungen dies auf den Provisionsanspruch hat. Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für die Immobilienbranche und die Rechte von Käufern und Verkäufern.

 

Hintergrund der Entscheidung

Der Fall betraf eine Makler-GmbH, die mit dem Verkauf einer Immobilie beauftragt wurde. Die Eigentümerin der Liegenschaft war die Lebensgefährtin des Halbbruders des Geschäftsführers der Makler-GmbH. Weder im Exposé noch in sonstigen Unterlagen wurde auf dieses Naheverhältnis hingewiesen. Die Klägerin forderte daraufhin die Rückerstattung der Maklerprovision in Höhe von 23.400 EUR gemäß § 6 Abs 4 MaklerG.

 

Kernpunkte der OGH-Entscheidung

1. Definition des „familiären Naheverhältnisses“

Der OGH stellte klar, dass ein „familiäres Naheverhältnis“ nicht nur durch Verwandtschaft ersten Grades, sondern auch durch engere persönliche Beziehungen wie Lebensgemeinschaften bestehen kann. Insbesondere wurde entschieden, dass auch eine Beziehung zu einer Lebensgefährtin eines Halbbruders als ein solches Naheverhältnis gelten kann. Somit ist nicht nur auf eine biologische oder eheliche Verwandtschaft abzustellen, sondern es kann auch eine rechtlich nicht formalisierte, jedoch enge Verbindung zwischen dem Makler und der vermittelten Partei als familiäres Naheverhältnis gewertet werden.

2. Auswirkungen auf den Provisionsanspruch

Das Maklergesetz (§ 6 Abs 4 MaklerG) regelt, dass ein Makler bei Bestehen eines solchen Naheverhältnisses nur dann einen Anspruch auf Provision hat, wenn er den Auftraggeber rechtzeitig darüber informiert. Diese Aufklärungspflicht wurde im vorliegenden Fall nicht erfüllt, wodurch der Provisionsanspruch entfiel. Diese Regelung dient der Vermeidung von Interessenkonflikten, da es für den Auftraggeber von entscheidender Bedeutung ist zu wissen, ob der Makler durch eine persönliche Beziehung in seiner Unparteilichkeit eingeschränkt sein könnte.

3. Konsumentenschutz

Der OGH bekräftigte, dass Konsumenten nur dann fundierte Entscheidungen treffen können, wenn sie über mögliche Interessenkonflikte informiert werden. Gerade bei hohen finanziellen Transaktionen wie Immobilienkäufen sei Transparenz essenziell. Besonders relevant ist hierbei, dass die Information über ein bestehendes Naheverhältnis schriftlich und vor Abschluss des Maklervertrags erfolgen muss. Dies ergibt sich aus § 30b Abs 1 KSchG, wonach ein Verbraucher die erforderliche Aufklärung vor Vertragsschluss erhalten muss. Ein allgemeiner Hinweis in der Nebenkostenübersicht reicht hierfür nicht aus. Der Makler ist also verpflichtet, aktiv und konkret auf das Naheverhältnis hinzuweisen, da sonst sein Provisionsanspruch entfällt.

 

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

1. Was gilt als „familiäres Naheverhältnis“ laut OGH?

Neben enger Verwandtschaft (Eltern, Geschwister, Kinder) können auch Beziehungen zu Lebensgefährten von nahen Angehörigen ein Naheverhältnis darstellen. Laut OGH besteht eine Hinweispflicht des Maklers bereits, wenn bei objektiver
Betrachtung eine Beeinträchtigung der Auftraggeberinteressen nicht gänzlich ausgeschlossen
erscheint. 

2. Wann muss ein Makler über ein Naheverhältnis informieren?

Die Information muss zumindest gegenüber Verbrauchern schriftlich und vor Abschluss des Maklervertrags erfolgen. Ein allgemeiner Hinweis in der Nebenkostenübersicht oder nachträgliche Aufklärung genügen nicht. Für das Vorliegen einer Aufklärungspflicht ist eine eher weite Interpretation anzunehmen. Es kommt nicht darauf an, ob die Interessen des Auftraggebers im konkreten Fall tatsächlich beeinträchtigt wurden. 

3. Was passiert, wenn der Makler die Aufklärungspflicht verletzt?

Wird der Auftraggeber nicht rechtzeitig bzw. gehörig informiert, verliert der Makler seinen Provisionsanspruch, und bereits geleistete Zahlungen können zurückgefordert werden. Dies folgt aus der Rechtsprechung des OGH zur Sanktionierung von Verstößen gegen das Maklergesetz.

4. Gilt das Urteil für alle Maklerverträge?

Ja, die Entscheidung betrifft alle Maklerverträge, die unter das Maklergesetz fallen, insbesondere wenn Verbraucher involviert sind. Dies stärkt den Verbraucherschutz und sorgt für eine einheitliche Regelung zur Transparenz in Maklergeschäften.

5. Welche Konsequenzen hat das Urteil für die Praxis?

Makler müssen zukünftig noch genauer prüfen, ob ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis besteht und dies transparent kommunizieren. Eine unterlassene Offenlegung führt nicht nur zum Verlust des Provisionsanspruchs, sondern kann auch reputationsschädigend für Maklerunternehmen sein.

Fazit

Die OGH-Entscheidung 3Ob201/24s schafft Klarheit darüber, wann ein familiäres Naheverhältnis zwischen einem Makler und einem vermittelten Dritten besteht und welche rechtlichen Konsequenzen daraus folgen. Die Pflicht zur Offenlegung solcher Beziehungen dient dem Schutz der Verbraucher und fördert Transparenz im Immobiliensektor. Für Makler bedeutet dies eine verschärfte Sorgfaltspflicht, um Provisionsverluste zu vermeiden.

Rechtsanwalt Roman Taudes und sein Team stehen für weitere Informationen und individuelle Beratung jederzeit unter taudes@atb.law bzw. telefonisch unter 01 39 12345 zur Verfügung.