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Ein wichtiger Etappensieg gegen intransparente Online-Trading-Plattformen – und ein starkes Signal für den Anlegerschutz
Da eine wirtschaftlich adäquate außergerichtliche Einigung nicht erzielt werden konnte, entschloss sich unser Mandant zur Durchsetzung seiner Ansprüche Klage gegen die zypriotische Wertpapierfirma Itrades Global (CY) Ltd, Betreiber der CFD-Handelsplattform „InvestFW“, beim Landesgericht Leoben zu erheben. Unsere Kanzlei konnte schließlich vor Gericht durchsetzen, dass der Klage in allen Punkten stattgegeben wurde. Das Gericht stellte klar, dass die Beklagte ihre Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten grob verletzt hat und unserem Mandanten seinen gesamten erlittenen Verlust in Höhe von 45.000 Euro zurückzuerstatten hat. Das erstinstanzliche Urteil wurde vom Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht vollinhaltlich bestätigt und eine ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof für unzulässig erklärt.
Der Fall beleuchtet zentrale Fragen des Anlegerschutzes im Zusammenhang mit der Vermittlung hochspekulativer derivativer Finanzprodukte durch CFD-Handelsplattformen von europäischen Wertpapierfirmen. Im Zentrum der gerichtlichen Entscheidung standen insbesondere
- die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts,
- die Aufklärungspflichten von CFD-Handelsplattformbetreibern,
- die Eignungsprüfung des Kunden sowie
- die Unzulässigkeit der Einstufung als professioneller Kunde bei offensichtlicher Unerfahrenheit des Kunden.
Klare Entscheidung zur internationalen Zuständigkeit: Privatanleger können bei Online-Tradingverlusten am Wohnsitzgericht klagen
Die beklagte zypriotische Wertpapierfirma erhob zunächst mit Verweis auf die vereinbarten AGBs sowie die erfolgte Einstufung des Klägers als „professioneller Kunde“ den Einwand der internationalen Unzuständigkeit der österreichischen Gerichte.
Doch das Gericht entschied klar zugunsten unseres Mandanten: Die bloße Einstufung als professioneller Kunde reicht nicht aus, um die Verbrauchereigenschaft des Klägers zu verneinen. Entscheidend ist vielmehr, wie der Anleger tatsächlich im Vertragsverhältnis agiert und welches Ziel mit der Veranlagung verfolgt wird. Da der Kläger kein unternehmerisches Handeln zeigte, war ihm die Verbrauchereigenschaft zweifellos zuzuerkennen. Der gemäß AGBs vereinbarte zypriotische Gerichtsstand war damit rechtsunwirksam. Die Beklagte zielte nämlich mit in Österreich abrufbarer deutschsprachiger Werbung, einer deutschsprachigen Website und österreichischen Telefonvorwahlen auf die Akquise österreichischer Kunden ab. Im Ergebnis konnte sich unser Mandant erfolgreich auf den Verbrauchergerichtsstand stützen, wonach die für den Wohnsitz des Verbrauchers zuständigen Gerichte international zuständig sind. Das Landesgericht Leoben war hiermit befugt über die Ansprüche unseres Mandanten inhaltlich zu entscheiden – ein wichtiger Zwischensieg für geschädigte österreichische Privatanleger.
Fehlberatung mit Folgen: Zypriotischer CFD-Broker haftet für mangelhafte Aufklärung
Aufgrund der zuerkannten Verbrauchereigenschaft bestand für die österreichischen Gerichte auch an der Anwendbarkeit österreichischen materiellen Rechts kein Zweifel.
Obwohl die Beklagte vorrangig als Vermittlerin von hochriskanten Finanzinstrumenten (CFDs) auftrat, wurde festgestellt, dass sie auch individuelle Anlageberatung durchführte. Es treffen sie daher erhöhte Sorgfalts- und Aufklärungspflichten gegenüber dem Kläger. Bei risikoreichen Anlageprodukten wie CFDs, Optionen und sonstigen Derivatgeschäften müssen Privatanleger nämlich – wie die Gerichte bestätigten – besonders klar und vollständig über mögliche Verlustrisiken und Wirkungsweisen des jeweiligen Finanzinstruments informiert werden. Die unzureichende Beratung führte dazu, dass der Kläger Anlageentscheidungen traf, die er bei sachgerechter Aufklärung nicht getroffen hätte. Da die Veranlagungen in CFD-Geschäfte in einem Totalverlust endeten, war der eingetretene Verlust von EUR 44.821,22 zu ersetzen.
Weiters wurde dem Kläger der verbleibende Restbetrag von EUR 178,78 unter Berufung auf englischsprachige AGB von der Beklagten abgezogen. Da die Website der Beklagten in deutscher Sprache geführt wurde und keine transparente Einbeziehung fremdsprachiger Vertragsklauseln erfolgte, wurden die AGB vom Gericht als überraschend und damit rechtsunwirksam qualifiziert. Auch dieser Betrag war daher zurückzuzahlen. Der Klage wurde in voller Höhe von insgesamt EUR 45.000,00 stattgegeben.
Professionelle Vertretung gegen dubiose Handelsplattformen – Wir kämpfen für Ihr Recht
Der vorliegende Fall zeigt, wie wichtig eine fundierte rechtliche Vertretung bei komplexen Kapitalmarktfragen ist. Unsere Kanzlei konnte für den geschädigten Anleger einen vollen Ersatz seines Verlustes vor den österreichischen Gerichten durchsetzen – trotz internationaler Komponenten, hochriskanter Finanzprodukte und strittiger AGB. Wenn auch Sie sich durch eine fehlerhafte Anlageberatung geschädigt fühlen oder ausländische Online-Handelsplattformen die Rückzahlung verweigern, stehen wir Ihnen mit unserer Erfahrung und Expertise im Kapitalmarktrecht gerne zur Seite.
Für weitere Informationen und individuelle Beratung stehen Ihnen Roman Taudes und Patrick Brunsteiner jederzeit zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns unter office@atb.law oder telefonisch unter +43 1 39 123 45.